Erklärung zum BVerfG vom 05.07.2011

Die „Fünf Professoren“ vor dem Bundesverfassungsgericht am 5. Juli 2011

Am 5. Juli 2011 hat das Bundesverfassungsgericht u. a. die Beschwerden der Professoren Dres. Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider, Dieter Spethmann und Joachim Starbatty gegen die Griechenlandhilfe und gegen den Rettungsschirm mündlich verhandelt. Die Berichterstattung der Medien über die für Deutschland und Europa schicksalhafte Verhandlung war unzureichend. Die meisten Berichterstatter verließen den Saal vor Beendigung der Anhörung der Euro-Kläger. Die Bürger haben Anspruch zu erfahren, welche ihrer Rechte mit dieser Euro-„Rettung“ verletzt werden.

Der Verfahrensbevollmächtigte Professor Schachtschneider hat einleitend u. a. ausgeführt: Es geht um die Verteidigung des Rechts. Recht ist praktische Vernunft. Was also ökonomisch falsch ist, kann rechtlich nicht richtig sein. Es geht um die Verfassung, die mit uns geboren ist, die allgemeine Freiheit, es geht um Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat. Es geht um den Staat, den sich das Volk für das gemeine Wohl geschaffen hat. Die Eurorettungspolitik verletzt die Fundamente des gemeinsamen Lebens. Sie mißachtet die Grundlagen der Währungsunion, zumal das Bail-out-Verbot. Sie zwingt, fremde Völker zu finanzieren. Sie ignoriert die Haushaltsverfassung. Sie ruiniert das Eigentum der Reichen und der Armen. Sie schafft endgültig den Unionsstaat und hebt damit die Eigenstaatlichkeit Deutschlands auf, ohne daß das Deutsche Volk danach gefragt wurde. Wir erwarten Grundrechtsschutz gegen diese Politik, welche die Widerstandslage geschaffen hat, um Widerstand zu erübrigen. Wir machen als Bürger das Recht auf Recht geltend. Wir berufen uns auf das Recht auf Stabilität aus der Eigentumsgewährleistung und wir machen unser Recht auf Demokratie geltend Danach darf das Parlament nicht den Kern der Verfassung verletzen und die EU nicht entgegen den Verträgen agieren. Wenn diese Politik nicht an dem Verfassungsgericht scheitert, werden die ökonomischen Gesetze Deutschland und Europa vernichten.

Professor Hankel hat ausgeführt: Dieser Prozeß dokumentiert Wahn und Verantwortungslosigkeit der Politik. Er hätte nie geführt werden müssen, wenn Europas und Deutschlands Spitzenpolitiker nicht beschlossen hätten, den Euro durch die weitgehende Übernahme griechischer Staatsschulden zu „retten“. Das war dreifach falsch: Erstens: Griechenland hätte ohne Folgen für die Währungsunion diese verlassen können. Entscheidend sind die innere Stabilität der Mitgliedsländer und deren Bereitschaft, diese auch zu wahren, nicht deren Zahl Zweitens: Die EU ist für Länder mit nationaler Währung offen. Zehn der 27 EU-Länder machen zur Zeit von dieser Möglichkeit Gebrauch. Diese sind mit den Folgen der globalen Finanzkrise weit besser fertig geworden als die Problemländer der Euro-Zone. Das zeigt drittens: Letzterer Austritt aus dem Euro-Verbund wäre geradezu ein Befreiungsschlag für die EU, die Währungsunion und Deutschland als den Hauptzahler. Diese Möglichkeit ist die letzte Chance, das Übergreifen der Griechenland-Krise auf andere Länder in letzter Minute zu verhindern. Durch diesen Schritt bekämen die Schuldenländer ihren eigenen „Rettungsring“. Sie könnten ihre Probleme aus eigener Kraft lösen (durch Abwertung und Verhandlungen mit ihren Gläubigern). Sie würden sich die ihre Demokratie aufs Schwerste verletzenden Eingriffe in Staatshaushalt und Sozialstaat ersparen. Der Absturz ihrer Volkswirtschaften könnte verhindert werden. Der Euro ginge aus der Konzentration der Währungsunion auf die starken Länder der EU gestärkt hervor. Er wäre nicht mehr auf Subventionen zu seiner „Rettung“ angewiesen.

Professor Nölling ergänzte diese Einschätzung. Europa setze für den größten Irrtum und Irrweg der neueren Geldgeschichte seine gesamte Zukunft, den Lebensstandard und -abend der gegenwärtigen und die Lebensqualität seiner künftigen Generationen aufs Spiel. Eine Politik, die ein europäisches Geld über elementare Rechte der Menschen stelle, sei nicht hinzunehmen und zu verantworten.

Professor Starbatty stellte fest, daß Finanzminister Schäuble den Nachweis zu führen versucht habe, daß die Griechenlandhilfe und der Rettungsschirms wegen der finanziellen weltwirtschaftlichen Interdependenz notwendig gewesen sei. Das sei falsch. Griechenland sei wegen seiner unsoliden Finanzwirtschaft bankrott; überdies sei Griechenlands „todgeweihte Wirtschaft“ hoffnungslos wettbewerbsunfähig. Die Hilfen würden weder Griechenland retten noch die Eurozone stabilisieren.

Professor Spethmann konnte krankheitsbedingt an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen.
Die deutsche Öffentlichkeit muß erfahren, daß der Irrweg Europas in eine „sozialistische“ Schulden-Union weder etwas mit „Solidarität“ zu tun hat noch „alternativlos“ ist. Die Beschlüsse des „weiter so“ vom 21. Juli beschleunigen die wirtschaftliche Katastrophe. Sie bewahren die privaten Gläubiger weitgehend vor den Verlusten und verschulden die Geberländer noch mehr. Die Währungsreform rückt immer näher.

Die Fünf Professoren